1966 Ferrari 365

Alle Mitglieder der 365-Familie werden von Zwölfzylinder-V-Motoren angetrieben, die einen Hubraum von 4390 cm³ haben. Der Hubraum eines einzelnen Zylinders beträgt 365 cm³. Aus diesem Wert leitet sich die Bezeichnung der Modellfamilie ab.

Alle Frontmotormodelle der 365-Familie hatten einen Motor, dessen Grundstruktur auf eine Konstruktion von Gioacchino Colombo aus dem Jahr 1947 zurückging. Ferrari hatte Colombos Zwölfzylinder für die 1961 erschienene Modellfamilie 330 weitgehend überarbeitet, insbesondere war unter Beibehaltung des Zylinderbankwinkels von 60 Grad der Motorblock neu konstruiert worden. Dieser 4,0 Liter große Motor hatte die werksinterne Bezeichnung Tipo 209. Für die Baureihe 365, die ab 1966 schrittweise die 330-Reihe ablöste, vergrößerte Ferrari das Gesamtvolumen auf 4,4 Liter. Den Hubraumzuwachs erreichten die Ingenieure durch eine Vergrößerung der Bohrung von 77 auf 81 Millimeter. Der Hub blieb hingegen unverändert bei 71 Millimetern. Auf dieser Grundlage entstanden verschiedene Varianten, die auf die einzelnen Modelle der 365-Familie zugeschnitten waren:

Der erste 365-Motor trug die Bezeichnung Tipo 217B. Er hatte eine obenliegende Nockenwelle für jede Zylinderreihe und zwei Ventile pro Zylinder. Zur Gemischaufbereitung wurden drei Doppelvergaser von Weber (Typ 40DF) verwendet. Für diese Variante verwendete Ferrari eine Nasssumpfschmierung. Die Leistung des Motors wurde mit 320 PS (235 kW) angegeben.[1] Der Tipo 217B wurde im 365 California Spyder (1966) eingesetzt.
Eine Weiterentwicklung dieses Motors war der Tipo 245. Im Gegensatz zum Tipo 217B hatte er eine Druckumlaufschmierung. Der Motor leistete ebenfalls 320 PS (235 kW). Der Tipo 245 wurde im 365 GTC und GTS sowie im 365 GT 2+2 eingesetzt.

1969 erschien der Tipo 251. Im Gegensatz zum Tipo 217B und Tipo 245 hatte er eine Trockensumpfschmierung. Eine weitere Besonderheit waren die vier obenliegenden Nockenwellen (zwei für jede Zylinderreihe), die bislang kein anderer Motor der 365-Familie aufwies. Sie wurden über zwei Ketten angetrieben und steuerten zwei Ventile pro Zylinder. Zur Gemischaufbereitung wurden sechs Fallstrom-Doppelvergaser von Weber (Typ 40DCN 20 oder 21) verwendet. Die Verdichtung betrug 8,8:1. Die Leistung des Motors wurde mit 352 PS (259 kW) bei 7.500 Umdrehungen pro Minute angegeben. Ferrari verwendete den Tipo 251 im 365 GTB/4 „Daytona“ und 365 GTS/4. Eine Hochleistungsversion, die in dem Wettbewerbsmodell 365 GTB/4 Competizione zum Einsatz kam, leistete bis zu 450 PS (331 kW).
Eine weitere Abwandlung war der Tipo 101 AC, der wie der Tipo 251 über zwei obenliegende Nockenwellen und vier Ventile pro Zylinder verfügte, anders als dieser aber mit einer Nasssumpfschmierung ausgestattet war. Anstelle von Fallstromvergasern verwendete der Tipo 101 AC sechs Doppel-Flachstromvergaser. Die Leistung betrug wiederum 320 PS (235 kW). Der Motor wurde im 365 GTC/4 „Il Gobbone“ sowie ab 1972 im Stufenheckcoupé 365 GT/4 2+2 eingesetzt.
Gänzlich eigenständig war schließlich der Tipo F102 A, der im Mittelmotorsportwagen 365 GT/4 BB „Berlinetta Boxer“ zum Einsatz kam. Der Motor hatte einen Zylinderbankwinkel von 180 Grad, auf den die technisch unzutreffende Bezeichnung Boxer zurückzuführen ist. Er war mit zwei obenliegenden Nockenwellen für jede Zylinderreihe und vier Ventilen pro Zylinder ausgerüstet, hatte eine Trockensumpfschmierung und vier Dreifach-Fallstromvergaser von Weber. Die Leistung betrug etwa 380 PS (279 kW).